Beim Radfahren in der Gruppe ist deutlich mehr zu beachten, als wenn du alleine auf dem Rad unterwegs bist. Natürlich profitierst du von dem Windschatten der Rennradkollegen und es macht deutlich mehr Spaß als alleine zu fahren. Aber es gibt auch einige Grundregeln auf die du achten solltest, damit das Radfahren in der Gruppe allen Teilnehmern Spaß macht und vor allem sicher ist.

Weltweit sind diese Regeln und Handzeichen routinierten Rennradfahrern bekannt. Im Bereich des Breitensports finden sie nicht nur ihre Anwendung in einfachen Gruppenfahrten, sondern auch bei RTF oder Jedermann-Rennen. Also immer dann, wenn eine größere Gruppe an Rennradfahrern zusammenkommt.

Aufmerksamkeit und vorausschauendes Fahren

Am offensichtlichsten sollte es sein, dass das Radfahren in der Gruppe mehr Aufmerksamkeit und vorausschauendes Fahren erfordert. Ist auch logisch, wenn du unmittelbar vor und hinter dir weitere Rennradfahrer hast. Durch deine Vorderleute hast du nur ein eingeschränktes Sichtfeld auf das was vor dir liegt. Hindernisse oder Unebenheiten auf der Fahrbahn kannst du nur im Bruchteil weniger Sekunden erkennen und das kann schon zu spät sein. Dafür geben dir deine Vorderleute aber Handzeichen, auf die wir später auch noch genauer eingehen werden. Diese Handzeichen gilt es für dich unmittelbar an deinen Hintermann weiterzugeben, damit auch die gesamte Gruppe darüber informiert ist. Die Handzeichen sind möglichst früh anzuzeigen, damit plötzliches Ausweichen oder Bremsen vermieden werden kann. An vermeintlichen Gefahrenstellen ist es daher wichtig das Tempo im Vorfeld kontinuierlich langsam rauszunehmen um nicht mit einer abrupten Bremsung einen Auffahrunfall der Gruppe zu provozieren. Gleiches gilt selbstverständlich auch für Beschleunigungen. Hierbei ist darauf zu achten, dass die Gruppe zusammenbleibt und nicht ein Teil abreißt. Federführend für Tempowechsel und Gefahrenhinweise ist der Fahrer an der Spitze des Zuges, da er die beste Sicht hat. Um möglichst vorausschauend zu fahren, schaust du am besten immer auf den Vordermann deines Vordermannes oder noch weiter, da du auf dessen Aktion noch rechtzeitig reagieren kannst. Wenn dein unmittelbarer Vordermann stürzt hast du ohnehin keine Chance mehr und gehst im Großteil der Fälle ebenfalls zu Boden. Es folgt eine Kettenreaktion. Deshalb ist es wichtig, dass beim Radfahren in der Gruppe alle mit voller Aufmerksamkeit dabei sind.

Schürfwunde an der Schulter nach Fahrradsturz
Mangelnde Kommunikation: Schürfwunde und defektes Trikot. In diesem Fall ist es vergleichsweise noch gut ausgegangen.

Kommunikation beim Radfahren in der Gruppe

Bei einer Gruppenfahrt mit dem Rennrad hat der Fahrer an der Spitze des Zuges immer die beste Sicht auf die Strecke. Je nach Gruppengröße ist es aber unmöglich für ihn mit allen Rennradkollegen gleichzeitig zu kommunizieren. Potentielle Gefahrenstellen wie parkende Autos, Poller, Kanaldeckel, Äste oder Schlaglöcher werden in weitem Bogen umfahren und vorher per Handzeichen angezeigt. Es ist wichtig, dass diese Handzeichen von dir frühzeitig weitergegeben werden, auch dann, wenn du die Gefahrenstelle selbst noch gar nicht erblickt hast. So kann sich auch der Rest des Zuges bereits darauf einstellen und es nach hinten kommunizieren. Es gibt aber ebenso auch Handzeichen, die Richtungs- oder Tempowechsel anzeigen. Bei kurzfristigen Mitteilungen kann zusätzlich zu dem Handzeichen ein kurzes Kommando gerufen werden. Auch dann ist aber nicht davon auszugehen, dass es am Ende des Zuges ankommt. Das Kommando sollte ebenfalls durch die Reihen nach hinten gerufen werden.

Die gängigste Handzeichen

Radfahrer weist auf Gefahrenstelle am Boden hin
Ein Finger nach unten zeigt Hindernisse auf der Fahrbahn an (z.B. Schlaglöcher, Äste oder zerbrochenes Glas). Sie werden frühzeitig umfahren.
Radfahrer gibt Handzeichen zum Ausweichen. Hindernis auf der rechten Seite zu umfahren.
Mit der offenen Hand hinter dem Rücken schwenken zeigt an, von welcher Seite man sich wegbewegen sollte. Es wird ein größeres Hindernis umfahren (z.B. parkende Autos oder Inseln).
Radfahrer gibt Handzeichen zum Anhalten
Die offene Hand über dem Kopf zeigt an, dass das Tempo rausgenommen werden soll und angehalten wird (z.B. an Kreuzungen oder Ampeln).
Radfahrer gibt Handzeichen dass sein Hintermann Abstand halten soll
Mit der ausgestreckten offenen Hand hinter deinem Rücken kannst du deinem Hintermann anzeigen, dass er etwas Abstand zu dir halten und bremsbereit sein soll. Häufig wird dies eingesetzt, wenn das Tempo rausgenommen wird.
Radfahrer gibt Handzeichen dass er rechts abbiegen möchte
Mit dem ausgestreckten Finger nach links oder rechts werden Richtungswechsel beim Abbiegen angezeigt. Bei größeren Gruppen auch schon mal über dem Kopf zur besseren Sichtbarkeit.
Radfahrer kreist mit Finger über dem Kopf und kündigt einen Kreisverkehr an
Seltener genutzt wird der kreisende Finger über dem Kopf. Er zeigt einen Kreisverkehr an. Dazu kann auch noch ein Ruf erfolgen (z.B. „Dritte“) um bereits im Vorfeld die Ausfahrt anzukündigen.
Radfahrer kann die Hände nicht vom Lenker nehmen und signalisiert Gefahr indem er beide Ellenbogen ausfährt
Liegt eine Gefahrenstelle vor dir, aber du kannst deine Hände nicht vom Lenker nehmen, damit du dich nicht selbst gefährdest? Dann fahre deutlich beide Ellenbogen aus und warne auf diese Weise deinen Hintermann. Ein kurzer Ruf dazu kann nicht schaden.

Positionierung innerhalb des Zuges

Wichtig ist auch die Kommunikation über Signale und Handzeichen zur Positionierung des Zuges. Das kann sowohl die gesamte Gruppe betreffen und wird vom führenden Fahrer vorgegeben oder aber auch jedem Einzelnen eine Hilfe sein.

Radfahrer signalisiert mit ausgefahrenem Ellenbogen, dass er überholt werden möchte
Ein deutliches Ausfahren/Zucken deines rechten Ellenbogens signalisiert dem Hintermann, dass du deine Position innerhalb des Zuges wechseln möchtest. Dafür ziehst du nach deinem Signal und einem Check des Verkehrs links raus und der Zug rollt rechts an dir vorbei. Anschließend reihst du dich am Ende des Zuges ein.

Die Position kann aus unterschiedlichen Gründen gewechselt werden. Häufig wird somit der führende Fahrer gewechselt, der schon eine Weile im Wind gefahren ist und am meisten Widerstand hatte. Am Ende des Zuges kann er sich nun erholen, bis er wieder an die Spitze durchgewechselt wurde. Aber auch besondere Aktionen wie der Griff zum Riegel in der Trikottasche oder das Ausziehen einer Jacke sollten nur am Ende des Zuges durchgeführt werden.

Radfahrer gibt Handzeichen für Formation in Einerreihe
Ein Finger nach oben zeigt an, dass der Zug in einer Einerreihe fährt. Dies ist in der Regel beim Radfahren in kleineren Gruppen der Fall. Auch bei engen Straßen oder viel Verkehr sollte in einer Einerreihe gefahren werden.
Radfahrer gibt Handzeichen für Formation in Zweierreihe
Zwei Finger nach oben zeigen das Fahren in einer Zweierreihe an. Dies bietet sich bei breiten oder verkehrsberuhigten Straßen an. Die Gruppe rückt somit automatisch enger zusammen, erzeugt mehr Windschatten und ist leichter für motorisierten Verkehr zu überholen.

Damit die Gruppe beim Fahren in einer Zweierreihe nicht auseinander reißt ist darauf zu achten, dass sich die Lenker der beiden Fahrer nebeneinander immer auf einer Höhe befinden. Laut Straßenverkehrsordnung müssen Gruppen ab 15 Fahrern in Zweierreihen fahren. Der Wechsel von einer Einerreihe zur Zweierreihe und umgekehrt erfolgt im Reißverschlussverfahren.

Im Zweifel immer zusätzlich Rufen

Wie schon bereits erwähnt, verstärkt zusätzliches Rufen noch einmal die Handzeichen. Üblich sind hier kurze, prägnante Kommandos. Bedenke dabei auch den Fahrtwind den deine Rennradkollegen um die Ohren haben und rufe lieber etwas lauter als zu leise.

Beispiele für Kommandos bei Gefahr

  • Vorsicht
  • Halt / Stopp / Ampel / Kreuzung
  • Loch / Ast / Glas
  • Auto vorne / Auto hinten

Die Kommandos dürften alle selbsterklärend sein.

Beispiele für Kommandos zur Unterstützung

  • Frei
  • Kürzer
  • Wechsel

Frei wird beim Abbiegen gerufen, wenn der Verkehr es zulässt, dass mindestens noch zwei Fahrer hinter dir problemlos abbiegen können. Selbstverständlich sollte jeder Fahrer das mit einem Blick selber prüfen – der Sicherheit wegen und natürlich um es dann an seine Hintermänner weiterzugeben.

Kürzer wird gerufen, wenn ein Teil des Zuges tempomäßig nach hinten abfällt. Das kann technische, konditionelle oder verkehrsbedingte Gründe haben. Durch das Kommando wissen alle, dass das Tempo etwas gedrosselt werden soll, damit für die hinterherhängende Gruppe wieder Anschluss hergestellt werden kann.

Manche Rennradfahrer machen für ihr Leben gerne an der Spitze des Zuges Tempo und vergessen darüber hinaus die Zeit. Bevor sich einer vorne unnötig kaputt macht oder die anderen Fahrer nicht auf ihre Kosten kommen, schlage einen Wechsel vor.

Viele Radfahrer auf engem Raum bei einem Radrennen
Bei Jedermann-Rennen, RTF oder einfachen Gruppenfahrten sind viele Radfahrer auf engstem Raum.

Weitere ungeschriebene Regeln und Etikette

Die grundlegendsten Dinge über das Radfahren in der Gruppe kennst du nun. Es gibt aber noch eine Vielzahl weiterer nützlicher Tipps und Hinweise, über die du dir möglicherweise keine Gedanken machst, bis du mal in der Situation gewesen bist. Dazu gehört zum Beispiel, dass man Kreuzungen möglichst zusammenhängend als Gruppe nimmt, Positionswechsel nicht in oder kurz vor einer Kurve stattfinden sollten und ebenso wenig aus einer Kurve heraus das Tempo erhöht wird, da jeder die Kurve unterschiedlich schnell nimmt. Überhaupt sollte immer ein Tempo angeschlagen werden, damit der vermeintlich Schwächste der Gruppe mitfahren kann. Bedenke beim „russischen Taschentuch“ (ein Nasenloch zuhalten und schnäuzen) oder Spucken, dass der Fahrtwind deinen Hintermann treffen könnte. Fahre sicherheitshalber ein wenig zur Seite. Zudem sollte dir immer bewusst sein, dass du einen Verein oder eine Gruppe repräsentierst mit dem du gerade unterwegs bist. Andere Straßenverkehrsteilnehmer bepöbeln oder provozieren wirft nicht das beste Licht auf die Gruppe, auch wenn du vielleicht nur als Gast dabei bist und sogar guten Grund für deine emotionale Entgleisung hast. Das Tragen eines Helms sollte bei den Geschwindigkeiten ebenfalls selbstverständlich sein.

Keine Probleme für Anfänger

Natürlich ist das erstmal eine ganze Menge worauf zu achten ist. Anfänger für Gruppenfahrten mit dem Rennrad können es da sicherlich schnell mit der Angst zu tun bekommen. Dies ist aber vollkommen unbegründet. Im besten Fall sagst du vorher kurz Bescheid, dass du noch nicht so fit bist und dann wird dich jeder dahingehend unterstützen. Das meiste prägt sich nach den ersten Fahrten von selber ein, da es sich häufig wiederholt. Wenn du eher zu den schwächeren Fahrern gehörst, dann wird dir auch Niemand einen Vorwurf machen, wenn du nur kurz an der Spitze des Zuges fährst oder sogar erstmal komplett aus dem Wind bleibst.

SC Uckerath 1922 e.V. - Radsport
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